Dieser Mann hat die Zeit zum Inhalt seiner Kunst gemacht / Johanna Hofleitner (Die Presse), 2010 [de]

„19:23:25“, „19:23:26“, „19:23:27“. Und so weiter und so fort. Würde man die Zeit eines Tages derart minutiös registrieren, ergebe das 86.400 Aufzeichnungen. Arnold Reinthaler, 39, hat sich dieser Sisyphosarbeit angenommen, die Angaben stenografisch übersetzt und das Resultat schlussendlich in Marmor graviert.

Sieben Tafeln existieren bereits. „Es ist ein Versuch, die Flüchtigkeit in Stein einzufrieren“, sagt er. „Das funktioniert nur, indem ich sie auf ein hartes Medium prallen lasse. Umgekehrt breche ich durch die flüchtigen stenografischen Zeichen die Zeitlosigkeit des Steins.“ Für eine andere 2005 begonnene Arbeit rekapituliert er penibel Abend für Abend seinen gesamten Tagesablauf, unterteilt in Kategorien wie Schlafen, Körperpflege, Haushalt, Familie, Kommunikation, Kulturreflexion. Reinthaler, der Bildhauerei von der Pike auf gelernt hat und auch in Form von Installation und Video höchst konzeptuell arbeitet, hat die Zeit zum Thema seiner Kunst gemacht. „Ich produziere bewusst eine Ästhetik der Langeweile“, sagt er. „Es ist eine Reaktion auf die Gier, immer Neues zu machen – in der Wirtschaft wie auch im Kunstsystem.